79. Jahrestag der Begegnung amerikanischer und sowjetischer Soldaten an der Elbe
Zum 79. Jahrestag der Begegnung amerikanischer und sowjetischer Soldaten an der Elbe nahm ich heute als Koordinator für Fragen der Kriegsgräber und Gedenkkultur im Freistaat Sachsen teil.
Bewegend war die Teilnahme einer Familie aus Luxemburg, wo der Opa als Soldat damals in Torgau gefangen war. Die Erinnerung an diesen Tag, der das Ende des Krieges unmittelbar ankündigte, und die bald darauf folgende bedingungslose Kapitulation, die Erinnerung und Diskussion an Ursachen, an Opfer und nicht zuletzt an die sich damit ergebende neue Chance für die Deutschen, die sie verwirklicht haben, ist wichtig. Veranstaltung, Publikum wie auch die Redner waren für meinen Geschmack doch sehr disparat. Gedenkformate bedürfen einer durchaus steten Selbsthinterfragung, denn wir wollen ja die breite Bevölkerung erreichen, etwas auslösen in uns. Und auch der Zeitgeist hat seine Stolperstellen. Ich denke nach solchen Veranstaltungen immer mal wieder darüber nach, ob wir wirklich erwarten können, dass man aus der Geschichte ziel-kausal lernen kann - denn dann sind wir permanent enttäuscht; insbesondere dann, wenn viele Vergleichen mit Gleichsetzen verwechseln und das Vergleichen lieber deshalb verbieten wollen. Es geht um Erkundung und Erforschung sowie die Berücksichtigung aller Einflüsse (Naturereignisse Zeit Gesellschaftsentwicklung Persönlichkeiten usw), die zu einer jeweils ganz spezifischen Konstellation beitrugen. Wir gewinnen damit Denk- und Handlungsangebote für unsere Gegenwart und Zukunft, die ganz vielschichtig sind und unterschiedliche Möglichkeiten bieten, die sich ergänzen können oder auch ausschließen mögen und nicht per se falsch oder richtig sind. Was wir heute richtigerweise tun, könnte vor einhundert Jahren komplett falsch gewesen sein. Auch wir haben ja erst die letzten Jahre wieder lernen müssen, dass „nie wieder Krieg“ eine Verteidigungsfähigkeit verlangt und es Situationen gibt, wo Bundeswehreinsätze notwendig sind. Und was Europäer aus der Geschichte lernen, mag für Südamerikaner völlig irrelevant sein. Ich will damit sagen, dass wir uns mit unseren Erwartungen und endgültigen Deutungen von Bildern (zB Handschlag) nicht selbst auf einen Irrweg bringen dürfen und vor allem, dass wir nicht in bloßen Ritualen erstarren dürfen, was keinesfalls gegen Rituale an sich spricht.